August 2022

Luftbildaufnahme des Strandbades in Mattsee
Foto: Chris Hofer Fotografie & Film, www.chris-hofer.com

Das Strandbad Mattsee: ein Kleinod der Moderne an der „Salzburger Riviera“ (Salzburg)

Die malerisch zwischen drei Seen gelegene Marktgemeinde Mattsee ist ein geschichtsträchtiger Ort: Der seit der Jungsteinzeit besiedelte Schlossberg und der Turm des altehrwürdigen, bereits 765 gegründeten Stifts prägen seine Silhouette. Durch das 1869 errichtete Wallmannsbad, das tausende Badende aus Nah und Fern anzog, wurde Mattsee zu einem der ältesten See-Badeorte Österreichs. In den 1920er Jahren entstand schließlich eine neue, moderne Anlage, die bald zum dritten Wahrzeichen des Ortes werden sollte: Das „See-und Strandbad Mattsee“.

Gut, günstig, grün: das neue Bad entsteht

Das neue „See und Strandbad Mattsee“ wurde 1926/27 im Auftrag des „Fremdenverkehrsvereins“ am nördlichen Ende der um 1910 angelegten Seepromenade errichtet. Der Name war durchaus wörtlich zu verstehen: Wo heute Gäste auf Wiesen entspannen oder herumtollen, gab es einen künstlich angelegten, feinen Sandstrand. Die Pläne für den Neubau stammten vom Wiener Architekten Franz Mörth, der selbst langjähriger Sommergast in Mattsee war. Bekannt wurde Mörth vor allem durch seine Werke der Nachkriegszeit, wie etwa dem Neubau der Arbeiterkammer Wien oder dem Umbau des ehemaligen Sanatoriums Wienerwald.

Die glücklicherweise erhaltenen historischen Baupläne und eine vom Architekten selbst verfasste, detaillierte Baubeschreibung erlauben einen genauen Einblick in die Genese des Projekts: Der Architekt wollte „[…] mit verhältnismäßig geringen Mitteln und Kosten eine Anlage […] schaffen, welche sich harmonisch in das Landschaftsbild einfügen wird und allen Bedürfnissen der Badenden gerecht zu werden vermag.“ (Bericht zum Projekt eines See- und Strandbades in Mattsee, Architekt Ingenieur Franz Mörth, 1927, Seite 5).

Die Philosophie des Architekten könnte man durchaus als grün und nachhaltig bezeichnen. Er plante nicht nur die Bepflanzung der Seepromenade mit Birken und die Begrünung der Pergolen mit wildem Wein, sondern versuchte so weit wie möglich existierendes Baumaterial wiederzuverwenden: Für die Fundamentierungsarbeiten wurde Bauschutt des eingestürzten Turmes der alten Pfarrkirche verwendet, das Abbruchmaterial des alten Wallmannsbades wurde für die neue Dachschalung wiederverwendet.

Der Mitteltrakt des langgestreckten Holzbaus erhielt ein zeltartiges, von einem kleinen Uhrturm bekröntes Dach, das mit roten Eternitschindeln gedeckt wurde. Von einer Vorhalle gelangte man links zu den Damenkabinen, rechts zu den Herrenkabinen. Seeseitig wurde entlang der ganzen Anlage ein offener, nach Art einer Pergola ausgebildeter Gang geführt. Ein Buffet mit großer Terrasse sorgte für das leibliche Wohl.

Eine eigene „Strandbad-Linie“ brachte mehrmals täglich Erholungsbedürftige in 45 Minuten vom Salzburger Residenzplatz zum neuen Bad an der sogenannten „Salzburger Riviera“, direkt im Bus konnte das Kombiticket für Fahrt und Bad gelöst werden. Ein Radiobeitrag von 1933 trug den eigentlich zu kurz gegriffenen Titel „Mattsee, das Strandbad der Salzburger“ – die Gäste kamen aus ganz Österreich und darüber hinaus in den beliebten Sommerfrischeort.

Die Presse war vom neuen Bad begeistert. Die Reichspost schwärmte, dass das Strandbad Mattsee „[…] an einem geradezu idealen Punkt der Mattseer Bucht […] errichtet und mit ihrem rund 4000 Quadratmeter umfassenden Strand einen herrlichen Tummelplatz für die Badenden […]“ bietet (Reichspost, 20.3.1928). Mit seinen 120 Kabinen würde das Strandbad, so die Salzburger Chronik vom 9.7.1928, „[…] jedem Weltbade zu Ehren gereichen […]“.

Eine Restaurierung mit Fingerspitzengefühl

Die laufende Nutzung und technische Notwendigkeiten hinterließen ihre Spuren am Strandbad. Nach über 90 Jahren wurde es Zeit für eine umfassende Restaurierung. Das Projekt wurde seit 2018 in enger Zusammenarbeit zwischen Gemeinde, Planer und dem Bundesdenkmalamt sowie mit tatkräftiger Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger Mattsees entwickelt und ab 2020 in mehreren Etappen umgesetzt.

Am Beginn der Restaurierung stand eine genaue bauhistorische Untersuchung und Befundung: Trotz schadhafter Dachdeckung erwies sich der Holzbau insgesamt in einem guten Zustand. Der Vergleich mit den erhaltenen Bauplänen sowie historischen Fotos und Ansichtskarten zeigte, dass sich im Strandbad einiges verändert hatte: Die offene Eingangshalle war verschwunden, Blumentröge und Pergolen wurden entfernt, die ursprünglich flachen Dächer über den Flügeltrakten waren zu Pultdächern mit Welleternitdeckung umgebaut und das bauzeitliche Farbkonzept verändert worden.

Im Rahmen der Umsetzung des Projektes sollte die vorhandene historische Bausubstanz geschützt und spätere, dem Denkmal nicht zuträgliche Veränderungen rückgeführt werden. Dazu zählten unter anderem die Neueindeckung mit Dachplatten in ursprünglichem Format und Farbe, die teilweise Rückführung der Dachneigung der Seitentrakte, die Konservierung und Ertüchtigung der historischen Holzkonstruktion und die Wiederherstellung des ursprünglichen Farbkonzeptes.

Die restauratorische Befundung hatte unter mehreren späteren Anstrichen Reste der originalen, bauzeitlichen Farbgebung aufgedeckt: Das Strandbad war ursprünglich großteils holzsichtig, die Türen, Fenster und Windläden waren gestrichen. Die das gesamte Gebäude umlaufenden, wellenförmigen Windläden waren ursprünglich dunkelgrün; an ihrem unteren Rand konnte anhand einer feinen Ritzung sogar ein schmaler, weißer Begleitstrich befundet werden, der das Wellenmotiv elegant betont.

Auch die aus vierkantigen Eisenstäben geschmiedeten, weiß gefassten Gitter der Kabinentürenfenster greifen das Wellenmotiv auf. Die Türblätter selbst waren farbig gefasst: Die restauratorische Befundung zeigte auf, dass die Rahmen bauzeitlich dunkelgrün, die Füllungen hellockerfarben und die schrägen Ränder gebrochen weiß gefasst waren. Die bauzeitlichen Schließfächer („Kästchen“), die sich im Nordtrakt erhalten haben, folgten dem selben Farbkonzept wie die Türen. Im Zuge der Restaurierung konnte das elegant-verspielte bauzeitliche Farbkonzept wiederhergestellt werden.

Time flies when you're having fun

Eine Besonderheit des Strandbads ist der kleine Uhrturm, der seit 1928 den Gästen die Zeit anzeigt. Die beiden Ziffernblätter, die Wind und Wetter besonders ausgesetzt sind, waren ausgebleicht, an vielen Stellen drang bereits Rost an die Malschichtoberfläche. Bei der Restaurierung wurden, unter mehreren Neuanstrichen, die ebenso feinen wie eleganten ursprünglichen Ziffern wiederentdeckt und rekonstruiert und die Ziffernblätter nach originalem Farbkonzept neu gefasst. Im Dachraum hat sich das originale Uhrwerk erhalten. Es wird regelmäßig von einem einheimischen Uhrmacher aufgezogen und liebevoll gepflegt.

Die meisten Gäste im Strandbad blicken wohl lieber nicht auf die Uhr, aber wenn sie es doch tun, sehen sie nun immerhin wieder dieselbe elegante, bauzeitliche Uhr, auf die bereits die ersten Gäste 1928 geblickt hatten.

Tag des Denkmals

Am Tag des Denkmals am 25.9.2022 können Sie bei einer Führung mit den Entscheidungsträger:innen, dem planenden Architekten, den umsetzenden Techniker:innen und den ausführende Professionist:innen mehr über dieses spannende Projekt erfahren.

Informationen zur Anmeldung finden Sie unter www.tagdesdenkmals.at

Weitere Informationen

Strandbad Mattsee
5163 Mattsee
Strandbadstraße 16
T: +43 680 5004820
lampelmaier@mattsee.at

Öffnungszeiten
Mai, Juni: 9 bis 19 Uhr / Juli, August: 8 bis 19 Uhr / September: 9 bis 18 Uhr
Informationen und Badetarife finden Sie hier