Nachlese zum Fachgespräch „Denkmalpflege mit Datenpflege. Digitalisierung als Entscheidungshilfe in der Denkmalpflege“

Gruppenfoto der Vortragenden des Fachgesprächs "Denkmalpflege mit Datenpflege. Digitalisierung als Entscheidungshilfe in der Denkmalpflege"

Bereits bei der Begrüßung erwähnte der Präsident des Bundesdenkmalamtes Christoph Bazil, dass Datenbankprojekte oftmals Herausforderungen darstellen, die einen langen Prozesslauf erfordern und immer wieder von Erfolgen und Rückschritten gekennzeichnet sind. So reichen erste Versuche einer Neuaufstellung der Denkmaldatenbank des Bundesdenkmalamtes in das Jahr 2018 zurück. Die aus diesem Projekt resultierende neue Denkmaldatenbank namens HERIS (Heritage Information System) stellte René Ployer im ersten Vortrag vor. Neben den aktuellen Funktionalitäten von HERIS berichtete er, dass künftig die digitalisierten Fotos des Bundesdenkmalamtes mittels Goobi-Viewer nicht nur intern sondern auch extern zugänglich sein werden. Ebenso sollen in Zukunft auch Teile des HERIS öffentlich zugänglich gemacht werden.

Bei der Präsentation der etablierten Datenbanken im ersten Panel wurde deutlich, wie komplex diese sind und wie wichtig die Vernetzung mit unterschiedlichen Datenpools und Quellen aber auch die Vernetzung der unterschiedlichen Akteur:innen untereinander ist. So bedarf es auch bei dem von Roland Wanninger vorgestellten, längst etablierten Bayerischen Denkmal-Atlas ständiger Pflege und Weiterentwicklung. Die Präsentationen von Denise Bednorz über das System AIDA in Sachsen-Anhalt und von Ulrike Block über das entsprechende System in Schleswig-Holstein verstärkten den gewonnen Eindruck, geht es doch darum, die Bereiche Erfassung, Vermittlung, Forschen und Schützen gemeinsam zu verwalten.

Das zweite Panel war neuen Datenbanken gewidmet. Sabine Schulte schilderte die komplexen Herausforderungen, die Berliner Denkmaldatenbank in das neue System VINO zu überführen. Clemens Ludwig schilderte, wie das so genannte „Masterportal“, eine von öffentlichen Institutionen in Norddeutschland entwickelte Viewersoftware, zur Veranschaulichung der Denkmaldatenbank in Niedersachen genutzt werden kann. Ergänzt wurde dies durch die Erläuterungen von Frank Dührkohp, dass das dem zu Grunde liegende niedersächsische Fachinformationssystem wiederum von vielen andere Anwendungen gespeist wird. Damit verdeutlichte sich auch nochmals die Notwendigkeit zur Standardisierung von Daten sowie die Komplexität der Verknüpfung, Vernetzung und Schaffung von entsprechenden Schnittstellen.

Die Präsentation von Barbara Fath und Cyril Dworsky über den „Pfahlbautenkompass“ und die entsprechende Onlinestellung von Daten und Informationen zu einer länderübergreifenden Welterbe-Stätte zeigte die Herausforderungen in Zusammenhang mit länderübergreifenden Datenbanken sowohl als Fachanwendung zum Management und Monitoring eines Welterbes, aber auch zur Visualisierung eines vorwiegend unsichtbaren, weil unterirdischen Erbes. Hier kommen zur Vermittlung sowohl Audiodateien als auch 3-D-Modelle zum Einsatz, letztere auf Grund der organischen Materialien der Funde von hohem Dokumentationswert.

Das dritte Panel war den Daten gewidmet. Hier ging es zum einen um das Thema der Langzeitarchivierung. So führte Manfred Gruber auf eine Reise durch das „Digitale Gedächtnis“, ein Projekt des Bundeskanzleramtes. Dies wurde durch die Schilderungen von Andreas Rauber über die Herausforderungen zur Langzeitarchivierung ergänzt. Es zeigte sich, dass zur automatisierten Erfassung von Daten künftig KI beim Erkennen von personenbezogenen Daten sowie beim Screening großer Datenmengen eine nicht mehr wegzudenkende Rolle spielen wird. Auch wurde klar, dass beim Einsatz von neuen Anwendungen und Datenbanken das Thema der Langzeitarchivierung gleich mitgedacht werden sollte, um im Nachhinein aufwändige Nachbearbeitungen zu ersparen.

Zum anderen widmete sich das Panel dem Thema Open-Data. Simon Hofer stellte an Hand einiger Beispiele die österreichische „Open-Government Data“ Policy dar. Dem wurden die Open Data Projekte der Stadt Berlin durch Lisa Stubert gegenübergestellt. Dabei zeigte sich sehr schön der spielerische Moment und der potentielle Spaßfaktor bei Open-Data-Projekten, wie etwa dem Ranking von öffentlichen Toilette-Anlagen in Wien oder der Weihnachtsmärkte in Berlin.

Im letzten Panel wurden praktische Anwendungsbereiche abseits der Denkmaldatenbanken präsentiert. So stellte Julia Rössel das LIDO-Handbuch für Architektur und andere ortsfeste Werke vor. Slawomir Brzezicki gab Einblicke in das Dehio-Projekt Ostmitteleuropa und die Digitalisierung des Dehios und Tobias Glitsch stellte das Bauforschungsportal baureka.online vor.

In diesem Panel wurde nochmals deutlich, wie wichtig die Verwendung von Normdaten ist. Abschließend gab Michelle Miller Einblicke in das Langzeiterhaltungssystem BALES, in das die Archivierung der Datenbestände des Staatsarchivs und des Bundesdenkmalamtes eingebunden sind.

In der abschließenden Zusammenfassung stellte Paul Mahringer die zunehmende Bedeutung der Digitalisate als Teil des kulturellen Erbes dar und verwies darauf, dass neue Medien und die unterschiedlichen Möglichkeiten virtueller Erfahrungen auch zu neuen Wahrnehmungen und Verständnissen des materiellen Erbes führen. Er verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass die spätestens seit Covid-19 vermehrte Nutzung digitaler Medien, die einen barrierefreien Zugang zu unseren Denkmalen bieten, wieder zu einer „analogen Rückkoppelung“ führen, nämlich zurück zur Beschäftigung mit dem materiellen Erbe.

Das Fachgespräch soll zum weiteren Nachdenken über Digitalisierung und das Digitale Erbe führen und damit in diesem Sinne auch Anregung für weitere Fachgespräche bieten.

Hier finden Sie das Programm, Abstracts und Fotos zur Veranstaltung.